Inklusive digitale Zukunftsvisionen zu erproben, das ist das Ziel von „The New New“. In diesem Rahmen hat 2021 ein erstes „The New New“-Fellowship stattgefunden, das ein wichtiger Bestandteil dieses Explorationsraumes war. Unsere übergreifenden Erkenntnisse aus diesem besonderen Programm haben wir nun zusammengetragen, um Organisationen mit ähnlichen Vorhaben fünf Kernerkenntnisse mit auf den Weg zu geben.    

Die derzeitigen Debatten zum Metaverse sind medial omnipräsent und verdeutlichen einmal mehr, wie stark Narrative über unsere Zukünfte und deren Ausgestaltung fortwährend von wirtschaftlichen Akteur:innen geprägt sind. Dagegen mangelt es der digital-affinen Zivilgesellschaft schon lange an geeigneten Unterstützungsangeboten, um alternative Zukünfte aufzeigen und konkrete Projektvorhaben dazu verwirklichen zu können. Die gesellschaftlichen Mehrwerte solcher Unterstützungen müssen noch stärker gehoben werden. An dieser Stelle wollen wir einen Beitrag leisten und haben den „The New New“-Explorationsraum so ausgerichtet und konzipiert, dass inklusive digitale Zukunftsvisionen erprobt werden können und darin die Rolle von Technologien beleuchtet wird. Ein erstes Fellowship-Programm als ein Bestandteil von „The New New“ gab Engagierten die Möglichkeit, ihre konkreten Projekte weiterzuentwickeln, und sie wurden darin bestärkt, ihre Stimmen in den Diskurs über wichtige Zukunftsfragen einzubringen:

  • In was für einer Welt wollen wir zukünftig leben? Welche Rolle spielen neue Technologien bei der Gestaltung dieser Zukunft?
  • Wie müssen sich bestehende Machtverhältnisse und politische Prioritäten verändern, damit eine Digitalisierung mit Fokus auf Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit möglich wird?
  • Welche alternativen Narrative zu dystopischen und utopischen Erzählungen im Kontext der Digitalisierung gibt es? Welche Gruppen unserer Gesellschaft sind aktuell noch außen vor, wenn es um die Gestaltung von gerechten und inklusiven digitalen Zukünften geht?

Zum Abschluss des ersten “The New New”-Fellowships haben wir in einem KloiberKloiOu zusammengestellt, die während der Förderrunde stattgefunden haben. In diesem Beitrag stellen wir nun unsere übergreifenden Erkenntnisse aus diesem Programm anderen Organisationen und Interessierten zur Verfügung, die auf die Umsetzung ähnlicher Vorhaben abzielen. Noch detailliertere Einblicke zu unseren Erfahrungen stellen wir auf Nachfrage sehr gerne bereit.

Unsere Erkenntnisse aus dem Fellowship-Programm:

1. Ein guter Auswahlprozess ist entscheidend für die Qualität eines Fellowship-Programms

Zentraler Erfolgsfaktor für ein Fellowship ist die Fellow-Auswahl: Je engagierter die ausgewählten Fellows und je klarer die Erwartungen an das Programm von Anfang an abgesteckt sind, desto leichter fällt es auch, die Fellows in ihren Vorhaben zu unterstützen:

  • Das Design und die Sprache des Bewerbungsaufrufs wurden einfach und verständlich Es wurde dabei von Beginn an klar kommuniziert, dass für das Programm eine inklusive, wertschätzende und diversitätsfördernde Ausrichtung zentral ist.
  • Erwartungen an den Arbeitsaufwand vonseiten der Fellows sowie Förderungsmodalitäten und Unterstützungsangebote wurden bereits bei der Ausschreibung klar kommuniziert.
  • Durch einen knappen und gleichzeitig klar umrissenen Fragenkatalog als Bewerbungsformular wurde der Bewerbungsaufwand für die Einreichungen angemessen gehalten, was zugleich die Zugänglichkeit des Fellowships erhöht hat.
  • Der Aufruf zur Bewerbung beschränkte sich nicht nur auf neue Projekte, auch bereits laufende Initiativen konnten sich bewerben. Diese Möglichkeit trägt zur Nachhaltigkeit der Förderungen bei und verringert die Hürde für die Einreichung von Bewerbungen.
  • Die Auswahl der Fellowship-Projekte wurde von einem Beirat aus unterschiedlichen Disziplinen und Kontexten getroffen, der durch kritische Fragen und diverse Perspektiven zu mehr Inklusion beitragen konnte.

 

2. Flexibilität schaffen und auf individuelle Bedürfnisse eingehen

Zusätzlich zur finanziellen Unterstützung können bei der Förderung einer diversen Gruppe an Menschen und Projekten Unterstützungsangebote zielführend sein, die auf die jeweiligen konkreten Bedürfnisse eingehen. Diese bestmöglich zu identifizieren, erfordert Mut zur Flexibilität:  

  • Das Programm wurde von vornherein so ausgerichtet, dass auf spezielle Bedarfe und Bedürfnisse der Fellows flexibel reagiert werden konnte. So war der Wunsch der Fellows nach Austausch und Vernetzung stärker als im Vorhinein angenommen. Darauf sind wir über verschiedene Workshop- und Austauschformate eingegangen.
  • Ein Vertrauensverhältnis zwischen Projektteam und Fellows aufzubauen ist sehr lohnend. Hierzu ist es sinnvoll, niedrigschwellige Ansprechbarkeit zu signalisieren und auf Schwerpunkte der Fellows einzugehen, u. a. durch individuelle Intro Calls.
  • Durch klare Prozesse und eine schlanke Bürokratie kann in Bezug auf die Abwicklung operativer Angelegenheiten Sicherheit vermittelt werden. Dafür sollten Abläufe frühzeitig und verständlich kommuniziert werden, u. a. durch Guidelines für Prozessfragen.
  • Eine von den Fellows besonders wertgeschätzte Möglichkeit, um auf ihre individuellen Bedürfnisse einzugehen, ist Coaching/Mentoring. Dabei hat sich als besonders sinnvoll erwiesen, dass die Fellows selbst hilfreiche Coaching-Möglichkeiten benennen und das Projektteam daraufhin die Coaches beauftragt.

 

3. Community-Building unter den Fellows erkennen und befördern

Community-Building unter den Fellows bietet entscheidende Mehrwerte: Die Fellows als Expert:innen können gegenseitig viel voneinander lernen. Bei sich überschneidenden Interessen können sie Verbindungen knüpfen und den Blick auf ihre Zielgruppen dadurch erweitern:

  • Gegenseitiges Kennenlernen und inhaltlicher Austausch durch bereitgestellte und organisierte Räume und Anlässe sind wichtige Faktoren, um Vertrauensaufbau und Vernetzung zwischen den Fellows zu befördern. Die Fellows können dadurch von den unterschiedlichen Expertisen im Programm profitieren.
  • In gemeinsamen Treffen sollte Zeit dafür eingeplant werden, um über gemeinsame Werte, die konkreten Projektvorhaben und Erwartungen an das Programm zu sprechen.
  • Zusätzlich zu gemeinsamen Austauschformaten lohnt es sich, die Fellows frühzeitig nach gewünschten Kanälen für asynchrone Kommunikation (Newsletter, Slack etc.) zu fragen und diese bereitzustellen.

 

4. Fellowship als ein Baustein für das bestehende Engagement verstehen und Aktivitäten auf dieses Verständnis hin ausrichten

Die Bewerbungen auf ein „The New New“-Fellowship basierten oft auf bereits existierenden Projekten, die über das Programm weiter professionalisiert wurden – und auch nach der Fellowship-Zeit fortbestehen. In diesem Bewusstsein sollte die Förderung eine Weiterführung der Projekte nach dem Förderzeitraum von vornherein unterstützen:

  • In den gemeinsamen Austauschen sollte idealerweise über Perspektiven der Projekte nach einem Fellowship gesprochen und diese aufgezeigt werden. Am Ende des „The New New“-Fellowships haben alle Projekte Ziele für die Monate nach dem Fellowship benennen können.
  • Während eines Fellowships sollte die Möglichkeit gegeben werden, intern wie öffentlich über Projektvorhaben sowie übergreifende Inhalte zu berichten (über Interviews, Workshops etc.). Dadurch können Selbstvertrauen und Motivation bei den Fellows zusätzlich aufgebaut werden.
  • Die finanzielle Förderung durch das Fellowship gibt den Fellows die Möglichkeit, ihre Vorhaben strategisch weiterzudenken und sich Perspektiven der Projektweiterentwicklung zu erschließen. Dieser Aspekt sollte über den Förderzeitraum gemeinsam mit den Fellows erschlossen und stets mitgedacht werden. Durch die Vernetzung mit relevanten Kontakten und dem Aufzeigen möglicher Folgeaktivitäten kann sehr konkrete Unterstützung stets mitgedacht werden.

 

5. Eigene Rolle im Fellowship reflektieren und im Sinne der Fellows agieren

Eine fördernde Rolle geht per se mit einem ungleichen Machtverhältnis zu den Fellows einher. Umso wichtiger ist es, dieses Verhältnis beständig zu reflektieren und zu versuchen, das Ungleichgewicht, soweit möglich, auszugleichen. Ziel dabei sollte es sein, dass die Fellows mit notwendigem Freiraum an ihren Projektideen arbeiten können:

  • Für fördernde Organisationen sind bei den allermeisten Fellowships die Fellows primäre Zielgruppe der stattfindenden Aktivitäten. Entsprechend wichtig ist es, ihnen bei ihren Vorhaben Vertrauen zu schenken und den notwendigen Freiraum zu ermöglichen. Das ist nicht selbstverständlich: Sehr häufig sind entscheidende Projektanpassungen notwendig, um den Vorgaben und Wünschen von fördernden Organisationen gerecht zu werden. Rahmen und inhaltlicher Fokus für das erste „The New New“-Fellowship wurden deshalb vorab klar und transparent kommuniziert, um während des Fellowships die konkrete Ausgestaltung von Projekten der Fellows diesen zu überlassen – und dies gleichzeitig bestmöglich zu unterstützen.
  • Weiterer im Projektverlauf gewonnener Support durch die Allianz Kulturstiftung und das Goethe Institut hat sich an der vorab definierten inhaltlichen Ausrichtung des Fellowships orientiert. Dadurch konnten Abstimmungen zwischen den involvierten Organisationen vereinfacht innerhalb des gesetzten Rahmens erfolgen und die Fellows profitierten gleichzeitig durch die weiteren Impulse der zusätzlichen Partner:innen.
  • Hinreichend Zeitkapazitäten sind einzuplanen, um bestmöglich die Fellows bei ihren Projekten fördern zu können. Denn einige Anliegen und Wünsche der Fellows werden erst bei den ersten gemeinsamen Treffen deutlich. Um hierauf jeweils auch kurzfristig eingehen zu können, sollten Projektteams eines Fellowships einen zeitlichen Puffer kalkulieren.

Dieser Text ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.